Früher war alles besser!?
09.01.2013
Meine
Oma
in
Leipzig
sagte
manchmal
zu
uns
Enkeln,
wenn
sie
nicht
weiter
wusste:
„Früher
war
alles
besser.“
Dann
haben
mein
Bruder
und
ich
uns
beide
angeguckt
und
mit
den
Schultern
gezuckt,
denn
wir
hielten
unser
Benehmen
für
in
Ordnung.
Das
war
Ende
der
1950er
Jahre
und
auf
dem
Flugplatz
hinter
Oma’s
Garten
landeten
noch
Flugzeuge
mit
Propellern
an
den
Flügeln. Im Radio hörte man Schlager von Bärbel Wachholz, Hartmut Eichler und die anderen Hits von Elis Presley.
Wenige
Jahre
später
hatte
meine
Mutter
die
gleiche
Formulierung
drauf,
doch
meinte
sie
eher
unsere
langen
Haar,
die
die
Ohren
bedeckten
und
auf
den
Hemdkragen
stießen.
Wie
schrecklich!
Mir
waren
ein
ausrasierter
Nacken
und
der
Seitenscheitel
ein
Graus.
Ich
hatte
mich
gerade
in
„She
Loves
You“
von
den
Beatles
und
„The
Last
Time“
von
den
Rolling
Stones
verknallt.
Auf
der
Gitarre
probte
ich
das
berühmte
„House
Of
The
Rising
Sun“
nach
dem
Vorbild
der
Animals,
während
im
Radio
Ten
Oliver
und
die
Sputniks
liefen.
Ich
spürte
eher
unbewusst,
dass
da
gerade
was
unerhörtes
im
Gange
war und fühlte mich als Teenager wie ein Teil dieser „Weltrevolution“.
Heute,
da
ich
zwei
erwachsene
Kinder
und
endlich
auch
ein
Enkelkind
habe,
ertappe
ich
mich
doch
manchmal
dabei,
genau
diesen
Spruch
zumindest
zu
denken:
„Früher
war
alles
besser.“
Manchmal,
wenn
ich
daran
denke,
wie
wir
alle
miteinander
umgegangen
sind
und
welche
Musik
wir
hörten,
denke
ich
sogar,
dass
dieser
blöde
Spruch,
zumindest
teilweise,
stimmen
könnte.
So
manches
war
ganz
sicher
sogar
besser;
die
Limonade,
die
Brötchen
vom
Bäcker,
die
Wurst
beim
Fleischer,
das
Schnitzel mit Kartoffelsalat in der Kneipe, die es nicht mehr gibt, und die Musik, die damals gerade am Kommen war!
Heute
sind
die
Fernseher
besser,
Tonbandgeräte
sind
kein
Thema
mehr
und
Schallplatten
sind
was
für
Puristen.
Die
Hemden
sind
besser,
aber
die
Hosen
im
Schnitt
falsch
geschnitten.
Das
sieht
weder
sexy
noch
gut
aus!
Ohne
Zweifel
sind
die
Autos
heute
besser,
die
Fahrräder
auch,
aber
wenn
man
drauf
sitzt,
sieht
es
trotzdem
aus,
als
würde
man(n)
auf
einer
Eierschleifmaschine
sitzen.
Heute
ist
auch
das
Angebot
an
Lebensmitteln
viel
besser,
oft
aber
glaube
ich,
dass
man
davon
lieber
nicht
essen
sollte,
wenn
das
wirklich
alles
drin
und
dran
ist.
Und
wir
haben
so
viel
davon,
dass
wir
sogar
haufenweise
wegschmeißen
können,
obwohl
auch
in
Deutschland
Menschen
hungern.
Ob
das
besser
ist,
als
früher,
mag
jeder
für
sich
selbst entscheiden.
Außerdem
haben
wir
heute
bessere
Möglichkeiten,
Lebensmittel
zu
verpacken
und
den
Müll,
den
wir
auf
diese
Weise
in
großen
Mengen
produzieren,
entsorgen
wir
auch
besser
als
früher,
aber
längst
nicht
vollständig.
Dafür
muss
niemand
mehr
seine
Flaschen,
das
Papier
und
die
Lumpen
selbst
zum
Altstoffhändler
schaffen.
Damit
verdienen
jetzt
andere
viel
Geld
und
vor
allem
besser.
Es
gibt
bessere
Kleiderbügel,
bessere
„Leuchtelemente“
und
bessere
Absperrungen
an
den
Baustellen,
denn es wird auch mehr geklaut, als früher, obwohl alles im Überfluss da ist. Verrückte kaputte Welt!
Aber
es
gibt
Dinge,
die
kann
man
selbst
vierzig
Jahre
später
nicht
besser
machen,
denn
sie
waren
dermaßen
gut,
perfekt
und
ursprünglich,
dass
es
selbst
heute
nicht
mehr
besser
zu
machen
ginge.
Gemeint
ist
die
Beat-Musik
meiner
Jugendjahre.
Dies
war
wohl
die
kreativste
und
innovativste
Zeit,
die
die
populäre
Musik
jemals
erlebt
hat.
In
den
1960-iger
Jahren
entstanden
täglich
neue
Songs,
deren
Einmaligkeit
bis
heute
unübertroffen
ist
und
deren
Klang
und
Unverwechselbarkeit
noch
heute
überrascht.
Diese
Lieder
waren
allesamt
um
Lichtjahre
besser,
als
dieser
Schrott,
den
man
uns
heute
als
Pop-
Musik
und
„Hits“
zum
Fraß
vorwirft!
Da
bin
ich
der
festen
Überzeugung,
dass
es
damals
besser
um
die
Musik
bestellt
war.
Einige ausgefallene Beispiele sollten das belegen:
Zwei
Akkorde
auf
der
Gitarre
und
ein
brachiales
Schlagzeug
dahinter.
Als
Pete
Townshend
von
THE
WHO
den
Song
geschrieben
hat,
soll
er
im
Zug
gesessen
und
einen
Leichenwagen
vor
Augen
gehabt
haben.
Der
Song
mit
dem
stotternden
Mod
und
der
krachenden
Bass-Linie
kam
1965
auf
eine
Single
und
seither
ist
„My
Generation“,
Townshend’s
zwei
harte
Akkorde
zwischen
zwei
Gitarrenbünden,
das
Non-Plus-Ultra,
die
Qintessenz
des
Rock.
Kürzer,
brachialer,
wütender
und
ehrlicher geht es nicht, obwohl Nachfolger wie „Happy Jack“, „I’m A Boy“ oder „Magic Bus“ von gleicher großen Klasse sind.
Die
aus
London
kommenden
SMALL
FACES
waren
so
etwas
wie
ein
Gegenstück
der
Who
und
das
vor
allem,
weil
sie
mit
STEVE
MARRIOTT
einen
Ausnahmesänger
hatten,
der
mit
ausdrucksstarker
Blues-Stimme
im
Cockney-Dialekt
Songs
wie
„All
Or
Nothing“
oder
„Here
Comes
The
Nice“
erst
ihre
urwüchsige
Kraft
verlieh.
Das
laszive
Orgelspiel
von
Ian
McLaggan
gab
dem Sound der „Kleinen Gesichter“, nachzuhören bei „Itchycoo Park“ und „Lazy Sunday“, eine ganz besondere Note.
Es
war
und
ist
vielleicht
d
a
s
ultimative
Hard-Rock-Riff,
das
THE
KINKS
1964
im
Studio
einspielten
und
als
Single
„You
Really
Got
Me“
veröffentlichten.
Später
werden
die
Ikonen
des
Punk
und
des
Brit-Pop
die
KINKS
als
eine
ihrer
Vorbilder
nennen.
Anders
als
Lennon
und
Towshend
legte
RAY
DAVIES
,
der
Sänger
und
Komponist
der
Band,
mit
seinen
Songs
den
Finger
in
die
realen
Wunden
der
Gesellschaft
und
schuf
mit
„Dedicated
Follower
Of
Fashion“,
„Dead
End
Street“
oder
„Waterloo
Sunset“
zeitlos
schöne
Spiegelbilder
derselben.
Allesamt
Lieder,
die,
trotz
ihrer
Unterschiedlichkeit,
immer
als
typisch für die Band zu erkennen sind und bei der Olympischen Abschlusszeremonie von Tausenden mitgesungen wurden.
Obwohl
die
erste
Single
der
HOLLIES
von
1963
datiert,
vielen
sie
mir
erst
1965
auf.
Der
trockene
Sound
der
Gitarren
und
der
mehrstimmige
Satzgesang
des
Trios
Clark,
Hicks
&
Nash
bildeten
einen
reizvollen
Kontrast,
der
in
frühen
60er
Jahre
viele
ihrer
Song
kennzeichnete.
Im
Song
„Bus
Stop“
geht
es
um
Gedanken,
die
man
beim
Warten
an
einer
Bushaltestelle
haben
kann.
Ähnlich
gestrickt,
aber
immer
mit
besonderen
Akzenten
versehen,
waren
die
Nachfolger
„On
A
Carousel“,
„Carrie-Anne“ oder „Dear Eloise“, mit denen sich die HOLLIES unsterblich spielten und sangen.
Als
1965
THE
BYRDS
mit
„Mr.
Tambourine
Man”
die
Hit-Paraden
eroberten,
hatte
Amerika
seine
Antwort
auf
die
Beatles
gefunden.
Mit
dem
scheppender
Klang
einer
12saitigen
Rickenbacker
und
dem
dreistimmigen
Harmoniegesang
schufen
sie
eine
Blaupause,
die
viele
zu
kopieren
suchten,
doch
niemals
erreichen
sollten.
Mit
dieser
Dylan-Komposition
begannen
Roger
McGuinn,
David
Crosby
&
Co.
ihre
Laufbahn
als
Band,
um
später
als
prägende
Solisten
weiter
Rock-Geschichte
zu
schreiben.
Dem
ersten
Dylan-Cover
sollten
weitere
folgen
und
mit
ihrer
Version
von
Pete
Seeger’s
„Turn,
Turn,
Turn“
gelang
ihnen ein weiter Jahrhundertwurf.
Was
waren
das
für
Stimmen,
was
waren
das
für
Melodien!
THE
TURTLES
existierten
als
Band
nur
fünf
Jahre,
aber
die
hatten
es
in
sich.
Ähnlich
wie
die
Byrds
starteten
sie
1965
mit
einem
Dylan-Cover,
als
aber
ein
Jahr
später
„Happy
Together“
durch
die
Äther
klang,
war
klar,
dass
hier
etwas
völlig
Eigenes
entstanden
war.
Weiteren
Songs
wie
„She’d
Rather
Be
With
Me“
oder
das
wunderschöne
„Elenore“
gruben
sich
in
die
Gehörgänge
ein
und
wurden
Jahrzehnte
später
sogar
als
Werbeträger wiederentdeckt.
Der
Song
war
ein
einziger
Aufschrei,
wie
sein
Vorgänger
„Wild
Thing“
auch.
Doch
mit
„Can’t
Control
Myself“
hatten
THE
TROGGS
die
wütend
stampfende
Beat-Generation
mitten
ins
Herz
getroffen
und
dem
Aufschrei
„Oh
No!“
eine
Melodie
geschenkt.
Mit
nur
wenigen
Griffen
konnte
man
die
Songs
auf
jeder
Wanderklampfe
nachspielen
und
hatte
seinen
Spaß
dabei.
In
den
drei
Jahren
zwischen
1966
und
1969
schafften
die
vier
„Höhlenbewohner“
mehrere
solche
Gassenhauer,
aber
ihre
eigentlichen
Perlen
wurden
die
Balladen
wie
„Love
Is
All
Around“,
mit
der
WET
WET
WET
noch
Jahrzehnte
später
einen
Charterfolg landen konnten und dennoch den simplen Reiz des Originals nicht annähernd erreichten.
Das
besondere
Merkmal
von
DAVE
DEE,
DOZY,
BEAKY,
MICK
&
TICH
war
sicher,
neben
ihrem
Bandnamen,
der
Abwechslungsreichtum
aller
Songs,
die
ihnen
das
Autoren
Howard
&
Blaikley
maßgeschneidert
verpasste.
Zwischen
1965
und
1970
war
die
Band
vor
allem
in
Europa
vom
Erfolg
verwöhnt.
Hits
wie
das
wummernde
„Hold
Tight“,
„Bend
It“
im
Sirtaki-Rhythmus
oder
„Zabadak“,
das
sich
afrikanischer
Trommeln
bediente,
begeisterte
die
Jugendlichen.
Selbst
ohne
ihren
Bandleader Dave Dee vermochten DOZY, BEAKY, MICK & TICH in perfekter Harmonie mit „Mr. President“ zu überzeugen.
Ein
straff
stampfender
Rhythmus
und
ein
in
den
Vordergrund
gemischtes
Schlagzeug
machten
den
Sound
der
DAVE
CLARK
FIVE
aus,
deren
Sänger
Dave
Clark
auch
an
den
Drums
saß.
Es
waren
solche
Klopper
wie
„Glad
All
Over“
(1964)
oder
„Red
Balloon“
(1969),
die
direkt
in
die
Beine
gingen
und
von
da
in
die
Charts
stiegen.
Vor
allem
in
den
USA
hatte
die
Band
eine
große
Anhängerschar,
wo
sie
auch,
ähnlich
wie
die
Beatles,
mit
einem
Film
(„Catch
Us
If
You
Can“)
erfolgreich
waren.
Ursprünglich
waren
sie
die
Begleitband
von
Brian
Poole.
Als
man
sich
trennte,
nannte
sich
die
Band
mit
einem
neuen
Sänger
in
TREMELOES
um
und
landeten
1967
mit
„Here
Comes
My
Baby“
von
Cat
Stevens,
das
sie
von
einer
Ballade
zu
einem
Gassenhauer
umstrickten,
ihren
ersten
großen
Erfolg.
Allerdings
werden
sie
wohl
auf
ewig
mit
ihrer
Version
von
„Silence
Is
Golden“,
einem
Hit
der
Four
Saisons,
in
Erinnerung
bleiben.
Aber
auch
nachfolgende
Songs
wie
„My
Little
Lady“
oder
„Me
And My Life“ strahlen immer noch ihre ganz eigene Faszination aus, wenn sie erklingen.
Bei
den
1965
in
London
gegründeten
EQUALS,
die
Gleichen,
war
der
Name
das
Programm,
denn
es
war
damals
noch
sehr
ungewöhnlich,
dass
schwarze
und
weiße
Musiker
gemeinsam
Musik
machten.
Schon
mit
ihrer
ersten
Single
„I
Won’t
Be
There“
(1967)
machten
sie,
Dank
Beat-Club,
vor
allem
in
Deutschland
Furore
und
ließen
ein
Jahr
später
mit
„Baby
Come
Back“
ihren
Allzeit-Klassiker
von
Stapel.
Weitere
typische
Songs
wie
„Softly
Softly“
oder
„Viva
Bobby
Joe“
folgten
bis
zum
Beginn der 1970er Jahre. Dann lösten sich THE EQUALS auf und Eddie Grant startete eine Solokarriere.
Das
Songschreiberduo
Greenaway
&
Cook
hatte
eine
Melodie,
aber
keinen
Text.
Man
ließ
die
Melodie
einfach
von
einem
Studiomusiker
pfeifen.
Im
Frühjahr
1967
kam
„I
Was
Kaiser
Bill’s
Batman“
in
die
britischen
Charts.
Von
dem
Erfolg
wurde
man
überrascht
und
es
musste
ein
Gesicht
her,
um
die
Single
zu
bewerben.
Das
fand
man
in
Billy
Moeller,
einem
Band-
Roadie.
Man
veröffentlichte
die
Single
ein
zweites
Mal
unter
dem
Pseudonym
WHISTLING
JACK
SMITH
und
„Der
Putzer
vom
Kaiser“
wurde
ein
Welthit.
Nie
wieder
danach
gelang
das
einer
gepfiffenen
Pop-Melodie,
die
außerdem
noch
zum
Gassenhauer wurde. Ein Beispiel von vielen für ein „One Hit Wonder“.
Den
Musikern
und
Bands
jener
wenigen
Jahre
gelang
es,
durch
ihr
schier
unbekümmertes
Spiel
und
kreatives
Suchen,
hunderte
von
Liedern
zu
schreiben,
deren
Einmaligkeit
und
Unverwechselbarkeit
bis
heute,
da
nur
noch
Kommerz
und
Berechnung
die
Branche
regieren,
gültige
Standards
zu
setzen,
die
unerreicht
scheinen.
Dabei
habe
ich
ganz
bewusst
die
BEATLES,
ROLLING
STONES
und
BEE
GEES
mit
ihren
Hits
außen
vor
gelassen
und
nur
einige
wenige
meiner
ganz
persönlichen Lieblingsbands mit einigen ihrer typischen Songs ausgewählt.
Diese
Zeit
und
deren
Faszination
bewusst
miterlebt
zu
haben,
ist
eines
der
wertvollsten
Geschenke,
die
mir
das
Leben
bereitet
hat
und
wenn
ich
manchmal
denke,
das
„früher
alles
besser
war“,
habe
ich
nicht
selten
den
Sound
und
die
Melodie
eines
dieser
Lieder
im
Hinterkopf.
Dann
muss
ich
still
lächeln,
denn
natürlich
ist
das
nicht
wahr,
dass
früher
alles
besser
war.
Früher
war
nur
meine
Jugend
und
die
hatte
eben
ihre
ganz
besonderen
Reize,
weil
sie
sorgenfrei
und
ohne
Berechnung
war.
Sie
war
ehrlich
und
wild
gelebt,
wie
die
Musik,
der
wir
hörten
und
nachspielten.
Es
war
nicht
alles
besser,
aber
einiges
schon, oder?
P.S.:
Sicher
wird
die
Generation
unserer
Kinder
dereinst
über
solche
Sprüche
mitleidig
lächeln
und
alles,
was
unsere
Enkel
einmal aushecken werden, einschließlich ihrer Musik, verständnisvoll und freudig begrüßen *fg*.